Lohnrunde 2020: Sind die mageren Jahre nun vorbei?

«Lohnrunde 2020: Die mageren Jahre sind vorbei.» – so titelt die NZZ am 27. Oktober 2019. Drei Jahre lang, so die NZZ, hätten die Löhne in der Schweiz stagniert oder seien sogar rückläufig gewesen. Doch nun gehe diese Durststrecke zu Ende. Zum ersten Mal seit 2016 könnten die Arbeitnehmer wieder mit einer «ansehnlichen Gehaltserhöhung» rechnen: Die Löhne würden im kommenden Jahr um durchschnittlich 1,1 Prozent steigen. Abzüglich der zu erwartenden Teuerung bleibe ein «stattlicher Reallohnzuwachs» von 0,9 Prozent.

(NZZ am Sonntag, 27. Oktober 2019)

Unglaublich, mit wie wenig man schon zufrieden ist. 0,9 Prozent – das sind gerade mal 45 Franken auf einen Monatslohn von 5000 Franken, ein paar Brosamen im Vergleich zu jenen 40 Milliarden Franken Dividenden, welche die 20 grössten Konzerne der Schweiz in diesem Jahr an ihre Aktionäre und Aktionärinnen ausgeschüttet haben, ohne dass dies auch nur einen Finger dafür hätten krumm machen müssen. Dazu kommt, dass nur 30 Prozent aller Firmen eine generelle Gehaltserhöhung auszahlen, bei den übrigen Firmen erfolgen die Erhöhungen individuell und nach persönlichen Kriterien, so dass nicht wenige Angestellte auf eine Gehaltserhöhung sogar gänzlich verzichten werden müssen. Bedenklich auch, dass ausgerechnet in Branchen, in denen schon bisher wenig verdient wurde, die zu erwartende Reallohnerhöhung am bescheidensten ist, so zum Beispiel mit 0,6 Prozent im Gesundheitswesen und mit 0,4 Prozent im Gastgewerbe. Hier von einer «erfreulichen» Entwicklung zu sprechen und davon, dass die «mageren Jahre» nun endlich vorüber seien, mutet nachgerade zynisch an – vor allem auch, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass nach wie vor rund eine halbe Million Menschen nicht genug verdienen, um davon leben zu können, und dass die höchsten Löhne die niedrigsten schweizweit um über das 300fache übertreffen…