Die Macht der Fake News: Was es braucht, sind bessere Geschichten

«Erdogan, Trump, Bolsonaro: Sie beherrschen das Story-Telling besser als ihre politischen Gegner. Dabei geht es nicht so sehr darum, was gesagt wird, als vielmehr darum, wie es gesagt wird. Diesem Phänomen kann nicht allein mit Fakten begegnet werden. Die damit verbundene Wiederholung des Falschen verfestigt die Fake News bloss. Was es braucht, sind bessere Geschichten, Visionen, die eine Überwindung des Status quo versprechen. Denn von dieser Überwindung träumen die Menschen. Es reicht eben nicht, eine Rentenerhöhung von 10 Euro zu versprechen. Es fehlt die Erzählung dazu, und an dieser fehlt es der Linken. Es braucht progressive Storylines, um die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen.»

(Imran Ayata, Politikwissenschaftler, in: Tages-Anzeiger, 5. November 2019)

Welches wäre denn die Geschichte, die von den Linken erzählt werden müsste? Zweifellos die Geschichte von der Überwindung des Kapitalismus und von der Vision einer neuen, am Wohl von Mensch und Natur orientierten globalen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Denn wer träumt in seinem Innersten nicht von einer Welt, in der aller Reichtum auf alle Menschen gerecht verteilt ist. Von einer Welt, in der alle Menschen genug zu essen haben. Von einer Welt, in der kein Kind mehr sterben muss, bloss weil es an sauberem Wasser oder an medizinischer Grundversorgung fehlt. Von einer Welt, in der niemand mehr gezwungen ist, seine Heimat zu verlassen, bloss weil es dort an den minimalsten Lebensgrundlagen fehlt oder die Menschen von Gewalt und Krieg bedroht sind. Von einer Welt blühender Landschaften, wo Mensch und Natur im Einklang miteinander leben. Von einer Welt ohne Waffen und Kriege. Es geht nicht darum, ob diese Welt heute oder morgen Wirklichkeit werden kann. Es geht bloss darum, der menschlichen Sehnsucht nach dem Paradies konkrete Hoffnung zu verleihen und auf diese Weise ihre Kräfte zu stärken, um jeden Tag einen kleinen Schritt hin zu jener erträumten Wirklichkeit möglich zu machen.