Nur eine pointiert antikapitalistische Sozialdemokratie hat eine Zukunft

“Gibt es bald keine Linken mehr?” – so titelt die NZZ am Sonntag vom 2. Februar 2020, um dies dann mit den folgenden Zahlen zu belegen: Aktuell noch 13 Prozent Wähleranteil in Deutschland, 7 Prozent in Frankreich, 21 Prozent (6 Prozent weniger als bei den letzten Wahlen) in Österreich, 8 Prozent Verlust in Grossbritannien, noch 16,8 Prozent Wähleranteil in der Schweiz – das schlechteste Ergebnis aller Zeiten.

Die Frage “Gibt es bald keine Linken mehr?” könnte man ebenso gut ersetzen durch die Frage “Gibt es bald keine Demokratie mehr?” Denn in unserer kapitalistischen Einheitswelt tragen politische Parteien, die bloss Lakaien des Kapitalismus sind, nicht wirklich etwas zu einer echten Demokratie bei. Da sie stets nur dem folgen, was die Wirtschaftsmächte vorgeben, könnte man sie ebenso gut ersatzlos streichen, ändern würde sich dadurch nichts Grundlegendes. Von Bedeutung zur Erhaltung der Demokratie sind einzig jene Parteien, die dem kapitalistischen Mainstream bewusst etwas grundsätzlich anderes, Alternatives entgegensetzen, so dass sich die Wählerinnen und Wähler zwischen systemkonformen – kapitalistischen – Lösungen und systemkritischen – antikapitalistischen – Lösungen frei entscheiden können. Nur das ist echte Demokratie. Und genau deshalb ist die Sozialdemokratie so wichtig. Allerdings nur, wenn sie eine gezielt antikapitalistische Politik betreibt und sich nicht ins Fahrwasser der bürgerlichen – systemkonformen – Parteien hineinziehen und sich von den falschen Versprechungen des Kapitalismus betören lässt. Dass die schweizerische Sozialdemokratie im Vergleich mit den meisten übrigen europäischen Schwesterparteien in der Wählergunst immer noch relativ gut abschneidet, hat wohl genau damit zu tun, dass sie einen ziemlich pointierten Linkskurs fährt, selbst wenn dieser noch weit von dem entfernt ist, was eine radikale antikapitalistische Politik sein könnte. Die Schlussfolgerung aus alledem: Die Sozialdemokratie muss radikaler, pointierter, kompromissloser, antikapitalistischer werden als je zuvor. Damit wird sie nicht nur sich selber retten, sondern vor allem auch die Demokratie als Ganzes.