Klimaplan der Schweizer Grünen: unrealistisch, wirtschaftsfeindlich und zu teuer?

Den Schweizer Grünen ist das Tempo im Klimaschutz viel zu tief. Die Zielsetzung des Bundesrates, bis 2050 “klimaneutral” zu sein, reicht ihnen nicht. Dieses Ziel soll bis 2030 erreicht sein, indem die Emissionen im Inland um 50 Prozent gesenkt und im Ausland um dieselbe Menge reduziert werden sollen. Und dann soll es in gleichem Tempo weitergehen: Ab 2040 soll das Land sogar “klimapositiv” werden. Dann sollen mit technischer und natürlicher Hilfe der Atmosphäre zusätzlich Treibhausgase entzogen werden, so dass die Schweiz unter dem Strich eine positive CO2-Bilanz ausweisen kann. Die Zwischenetappen, um dieses Ziel zu erreichen, sind ambitioniert. So sollen ab 2030 nur noch neue Fahrzeuge zugelassen werden, die mit Strom oder Wasserstoff fahren. Gebäude dürfen in zehn Jahren kein CO2 durch Heizen mehr emittieren. Die Emissionen, die wir mit dem Import ausländischer Waren verursachen, sollen durch Mindeststandards für importierte Produkte gesenkt werden. So sieht der Klimaplan aus, den die Schweizer Grünen gestern den Medien vorgestellt haben.

(Tages-Anzeiger, 6. August 2020)

Doch kaum sind die Grünen mit ihrem neuen Aktionsplan an die Öffentlichkeit getreten, da erscheinen schon, wen wunderts, bürgerliche Politiker auf dem Plan und verwerfen die Pläne der Grünen in Bausch und Bogen: Sie seien unrealistisch, viel zu teuer und würden der Wirtschaft schaden. Doch wer hindert uns eigentlich, das Heft selber in die Hand zu nehmen? Jeder Einzelne, jede Einzelne kann ab hier und heute, ohne nennenswerte Einbusse an der Lebensqualität, auf das private Autofahren verzichten, ebenso auf das Fliegen zu reinen Vergnügungszwecken, auf den Verzehr von Fleisch, auf das unnötige Heizen sämtlicher Räume der Wohnung oder des Hauses, auf den Konsum von Billigwaren und Konsumgütern, die man nicht wirklich braucht, die unter ökologisch und sozial bedenklichen Bedingungen produziert, über tausende von Kilometern hinweg transportiert werden und oft schon nach kürzester Zeit im Müll landen. Müssen wir wirklich darauf warten, bis Gesetze uns dazu zwingen, unser Verhalten zu ändern? Weshalb genügen die Vernunft und der gesunde Menschenverstand nicht, um aus Eigeninitiative und Selbstverantwortung so zu handeln und zu leben, dass ein langfristiges Überleben der Menschheit auf diesem Planeten möglich ist? Man kann sich über “gefährliche” oder “schädliche” Gesetze und Massnahmen noch so sehr auslassen und sich darüber ärgern. Das beste Mittel dagegen ist, so zu leben und so zu handeln, dass sie gar nicht mehr nötig sind.