Sparmassnahmen bei Radio und Fernsehen: Über achttausend Jahre Knowhow, Wissen und Erfahrungen gehen verloren, einfach so, sang- und klanglos

 

Nachdem es zuerst verheimlicht wurde, ist es nun doch noch publik geworden: Nach “Aeschbacher”, “Schawinski”, “Eco”, “Sportaktuell”, “Mini Schwiz dini Schwiz”, “52 beste Bücher”, “Blickpunkt Religion” und weiteren Sendungen soll nun auch “Netz Natur” dem Sparhammer zum Opfer fallen, und dies, obwohl “Netz Natur” zu den beliebtesten Fernsehsendungen gehört und mit durchschnittlich 553’000 Zuschauerinnen und Zuschauern einen Marktanteil von 30,6 Prozent erreicht. “Unbeirrt”, so das St. Galler Tagblatt, “setzt SRF-Direktorin Nathalie Wappler ihren Kurs fort, geht mit der Axt durchs Haus und fällt im linearen Fernsehen eine Sendung nach der anderen – darauf hinweisend, dass im digitalen Bereich dafür etwas nachwachsen werde, doch was das sein könnte, weiss heute noch niemand genau.” Logisch, dass sich ein solcher Kahlschlag auch auf den Personalbestand auswirken muss: Zwischen 2015 und 2020 wurden 740 Stellen abgebaut, in den kommenden Jahren sollen weitere 116 Stellen werden. Wenn man davon ausgeht, dass die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durchschnittlich zehn Jahre lang bei SRF gearbeitet haben, dann bedeuten diese Entlassungen, dass innerhalb von ein paar wenigen Jahren über achttausend Jahre Knowhow, Wissen und Erfahrungen verloren gegangen sein werden, einfach so, sang- und klanglos. Doch den schwarzen Peter bloss Nathalie Wappler in die Schuhe zu schieben, greift zu kurz. Die Axt, welche sie schwingt, hat sie nämlich von all jenen Firmen und Unternehmen bekommen, welche ihre Werbeaufträge bei SRF gekürzt oder gestrichen und damit jene Millionenlöcher geschlagen haben, welche die SRF-Direktorin nun so verzweifelt zu stopfen versucht. Aber selbst diese Firmen und Unternehmen als die eigentlichen “Schuldigen” anzusehen, wäre zu kurzsichtig. Denn auch sie sind letztlich nichts anderes als Marionetten im kapitalistischen Welttheater, dessen Maxime in einem immer gnadenloseren gegenseitigen Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Firmen und Unternehmen besteht, einem Konkurrenzkampf, in dem es stets bloss um die höchstmögliche Rendite geht, nicht aber um das Gemeinwohl und um die sozialen Bedürfnisse und Interessen der Menschen. So lange wir in diesem Wirtschaftssystem leben, besteht die einzige Möglichkeit darin, zu definieren, welche Einrichtungen, Dienstleistungen und Angebote zur Grundversorgung gehören und welche nicht. Elemente der Grundversorgung müssten sodann ausschliesslich durch die öffentliche Hand finanziert werden, um nicht schwankendem privatwirtschaftlichen Engagement unterworfen zu sein. Ob Radio und Fernsehen zu dieser Grundversorgung gehören sollen oder nicht, genau darüber müsste man öffentlich und breit diskutieren. Jetzt und so schnell wie möglich – bevor so viel Geschirr zerschlagen ist, dass es nicht mehr wieder repariert werden kann.