Der “Wettlauf” um die Impfstoffe und seine Gewinner und Verlierer

 

Die Welt atmet auf – schon bald soll mit Impfungen gegen das Coronavirus begonnen werden. Doch wer ist das, die Welt? Einmal mehr und schärfer denn je tut sich ein unermesslicher Graben zwischen reichen und armen Ländern auf:  Während die reichen Länder bereits 2,6 Milliarden Impfdosen für eine Bevölkerung von einer Milliarde Menschen bestellt haben, was einem Deckungsgrad von 260 Prozent entspricht, soll das gegenwärtige Bestellziel der ärmeren Staaten gerade mal 20 Prozent der Bevölkerung abdecken, was 0,8 Milliarden Impfdosen für 4 Milliarden Menschen entspricht. Doch nicht nur was die Impfstoffe betrifft, sind die ärmeren Länder einmal mehr auf der Verliererseite. Auch die Gesundheitssysteme dieser Länder lassen sich in keinster Weise mit jenen der reichen Länder vergleichen, das heisst, dass die ärmeren Länder sogar noch viel mehr als die reicheren auf eine Impfung angewiesen wären. Und wenn nicht schon dies alles mehr als genug wäre, kommt noch eine weitaus grössere Ungerechtigkeit dazu: Ausgerechnet in jenen Ländern, für die am wenigsten Impfstoff vorhanden ist und deren Gesundheitssysteme in Anbetracht der Coronapandemie hoffnungslos überfordert sind, ausgerechnet in diesen Ländern werden Tür und Tor geöffnet, um Impfstoffe breitflächig zu testen. So zum Beispiel in Brasilien, wo unter anderen das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca, der US-Konzern Pfizer und das chinesische Unternehmen SinovacBiotech an Tausenden von Menschen Testreihen durchführen. Oder in Indien, wo vor allem der russische Impfstoff Sputnik V erprobt wird. Nicht einmal wenn es um die Gesundheit und das Überleben geht, gibt es so etwas wie länderübergreifende Solidarität. Nein, das Wettrennen zwischen den Nationen um grösstmögliche wirtschaftliche Profite, das schon vor Corona die Welt beherrschte, geht nun, in den Zeiten einer nie dagewesenen Pandemie, erst recht weiter. Und dieser Wettlauf kennt kein Erbarmen. Einmal mehr, buchstäblich tödlicher denn je, gehen die einen als Sieger hervor und die anderen als Verlierer. Ist dies alles nicht mindestens so schlimm wie jener Rassismus, gegen den in den vergangenen Monaten Abertausende Anhänger und Anhängerinnen der “Black Lives Matter”-Bewegung auf die Strassen gegangen sind? Weshalb empören wir uns so sehr über die einen Ungerechtigkeiten, während wir die anderen stillschweigend und gleichgültig hinnehmen?