Die Menschen sind nicht für den Krieg gemacht, sondern für den Frieden…

 

Die Schweiz schliesst sich den EU-Sanktionen gegen Russland vollumfänglich an. Deutschland liefert 1000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen an die Ukraine. Freiwillige Kämpfer aus Estland schliessen sich den ukrainischen Truppen an. Mehrere europäische Länder erhöhen ihre Militärbudgets massiv. Russische Sportlerinnen und Sportler werden von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen. Und 53 Prozent der Finninnen und Finnen sprechen sich für einen NATO-Beitritt aus, 25 Prozent mehr als noch vor zwei Monaten. Sicher, es ist verständlich, dass Westeuropa und die USA nicht tatenlos zuschauen und mittels Wirtschaftssanktionen ihren Teil zur Unterstützung der Ukraine beitragen wollen. Ebenso verständlich ist, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer ihr Land nicht einem von aussen eingedrungenen Aggressor kampflos überlassen wollen. Ebenso nachvollziehbar ist die Tatsache, dass die Schweiz nicht als einziges Land dastehen möchte, das die Wirtschaftssanktionen der übrigen Länder nicht mitträgt. Und doch habe ich bei alledem ein zutiefst ungutes Gefühl. Über alle Grenzen hinweg scheint sich immer mehr eine Kriegslogik auszubreiten, bei der man entweder voll und ganz mitmachen oder sich voll und ganz ins Abseits manövrieren kann – nichts dazwischen. Die uralte Geschichte von Schwarz und Weiss, Gut und Böse: Wenn du nicht mein Freund bist, dann bist du mein Feind. Wer sich zwischen die Fronten zu stellen versucht, erntet bestenfalls höhnisches Gelächter. Wer die andere Seite auch nur ein ganz klein wenig zu verstehen versucht, wird als Verräter abgestempelt. Wir sind wieder dort, wo wir vor Jahrzehnten schon einmal waren. Ein Restaurant in Stuttgart verweigert russischen Gästen den Zutritt, das Opernhaus Zürich gedenkt ein Gastspiel mit der russischen Sopranistin Anna Netrebko abzusagen – nicht zuletzt auf starken Druck aus der Bevölkerung. Und dann lese ich, dass 3,6 Milliarden Menschen schon heute durch den Klimawandel existenziell bedroht sind und dass die Auswirkungen des Klimawandels, wenn keine wirksamen Gegenmassnahmen ergriffen werden, die gesamte Erde früher oder später unbewohnbar machen werden. Was für ein Wahnsinn: Da wissen wir nichts Gescheiteres, als uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, statt all unsere Kraft, Energie und Phantasie über alle Grenzen hinweg für die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen einzusetzen, damit die Erde auch noch für unsere Kinder und Kindeskinder ein lebenswertes Zuhause sein wird. “Eine Welt unter Waffen”, sagte US-General Dwight D. Eisenhower, “verpulvert nicht nur das Geld allein. Sie verpulvert auch die Zukunft unserer Kinder.” Doch trotz alledem habe ich meine Hoffnung nicht verloren. Die Gier nach Macht und Herrschaft über andere, Despoten, Feindbilddenken, Kriegstreiberei – das alles wird immer und immer wieder von einzelnen Menschen aufgrund ureigener egoistischer Interessen aufgebaut. Mit anderen Worten: Auch das Gegenteil von alledem – die Menschlichkeit, die Toleranz, die Gerechtigkeit, die “Feindesliebe” – kann ebenso wieder von Menschen verbreitet, aufgebaut und in die Tat umgesetzt werden. Vielleicht erleben wir ja heute eine Zeit, in der sich sozusagen zwei Epochen der Menschheitsgeschichte gegenseitig überlappen: Die alte Epoche, die Epoche von Machtgier, zerstörerischem Nationalismus und Kriegstreiberei, neigt sich allmählich ihrem Ende entgegen. Die neue Epoche, die Epoche des Friedens, der Gerechtigkeit und des guten Lebens für alle, hat eben erst begonnen. Eine Zwischenzeit, in der sich das Alte noch einmal verzweifelt aufbäumt im Wissen, dass seine Zeit schon bald abgelaufen sein wird. Denn eines ist sicher: Die Menschen sind nicht für den Krieg gemacht, sondern für den Frieden. Eigentlich haben wir ja gar keine andere Wahl, denn, wie US-Präsident John F. Kennedy so treffend sagte: “Die Menschheit muss dem Krieg ein Ende setzen, oder der Krieg setzt der Menschheit ein Ende.”