Als ob mit mehr Waffen mehr Frieden zu schaffen wäre…

 

“Arena” am Schweizer Fernsehen vom 1. April 2022. Es geht um den Ukrainekrieg und seine Auswirkungen auf die Schweiz. Es geht um die Frage , ob und zu welchem Preis neue Kampfflugzeuge beschafft werden sollen. Es geht darum, ob das Militärbudget der Schweiz angesichts zukünftiger Bedrohungen von 5 auf 7 Milliarden Franken jährlich aufgestockt werden soll. Diskutiert wird auch die Grundsatzfrage, ob Waffen die Welt sicherer machen können. Es diskutieren auf der einen Seite als eher “militärfreundlich” Andrea Gmür-Schönenberger von der Mitte-Partei und Josef Dittli von der FDP, auf der Gegenseite als eher “militärkritisch” Marionna Schlatter von den Grünen und Sarah Wyss von der SP. Während das Hauptpodium durchaus ausgewogen besetzt ist, fällt bei den übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Sendung doch eine recht eklatante Einseitigkeit auf: Da ist zunächst der “Experte”, Marcel Breni, Strategieexperte der Militärakademie der ETH Zürich. Auf die Frage, ob Waffen die Welt sicherer machen, fällt ihm nichts anderes ein als die Aussage, dass sich die Fachleute in Bezug auf diese Frage weltweit nicht einig seien. Unwillkürlich frage ich mich, weshalb man nebst dem Vertreter der Militärakademie nicht als zweite Expertin zum Beispiel eine Pazifistin eingeladen hat. Gerade auch um zu zeigen, dass Pazifismus nicht einfach eine Haltung der Faulheit oder Bequemlichkeit ist, sondern eine jahrhundertelange, von zahlreichen bedeutenden Persönlichkeiten wie Bertha von Suttner, Bertrand Russell oder Albert Einstein getragene und stets immer wieder neu erkämpfte Bewegung für eine andere, bessere Welt. Dann die “Stimmen aus dem Volk”: Weshalb nur zwei ältere Herren, weshalb keine Frauen, weshalb keine Jugendlichen, weshalb keine Kinder? Schliesslich das “Publikum”: Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums. Zum Schweigen verurteilt sitzen sie da, werden nicht in die Diskussion einbezogen. Hätten sie nichts zu sagen? Wäre es nicht doppelt und dreifach so wichtig, ihre Stimmen wahrzunehmen, die Stimmen einer Generation, die von all dem, was hier diskutiert wird, stärker betroffen sein wird und auch dann noch leben wird, wenn alle anderen, die hier so eifrig über Krieg und Frieden debattieren, schon längst gestorben sein werden? Zurück zum Hauptpodium: Interessant ist, dass sich nebst allen Unterschieden die drei Kontrahentinnen und der Kontrahent doch in einem zentralen Punkt einig sind. “Ich hätte auch lieber eine Welt ohne Waffen”, sagt Andrea Gmür-Schönenberger und Josef Dittli pflichtet ihr bei. Doch dann kommt das grosse Aber: Dies jedoch, sagen die beiden, sei nicht realistisch und würde, wenn nur die Schweiz ihre Armee abschaffen würde, weltweit rein gar nichts nützen. Was für ein Widerspruch. Wenn man schon eine “Welt ohne Waffen” als das höchste und beste Ziel betrachtet, dann müssten doch genau diese Menschen, dies sich ja so gerne als “Sicherheitspolitiker” und “Sicherheitspolitikerinnen” bezeichnen, auf die Barrikaden steigen und alles daran setzen, um dieser Idee und diesem Ziel weltweit zum Durchbruch zu verhelfen, gerade um jene Sicherheit zu schaffen, die durch Waffen und Armeen permanent bedroht und in Frage gestellt wird. Denn alle Armeen werden einzig und allein durch das Recht auf “Selbstverteidigung” legitimiert, durch die gegenseitige Angst. So auch der gegenwärtige Krieg in der Ukraine: Russland hat Angst vor der NATO und die NATO hat Angst vor Russland. Und das Gleiche bei China und den USA: Die USA haben Angst vor China und China hat Angst vor den USA. Alle reden daher auch stets nur von “Verteidigung”, was sich auch darin zeigt, dass weltweit kein einziges Land einen “Kriegsminister” hat, wie das zu früheren Zeiten der Fall war, sondern alle haben nur “Verteidigungsminister”. Wenn es gelänge, diese gegenseitigen Ängste abzubauen, würden sämtliche Armeen, nutzlos geworden, augenblicklich von der Bildfläche verschwinden. Die Schweiz könnte ein leuchtendes Beispiel, ein einzigartiger Wegbereiter für eine solche “Zeitenwende” sein. Nicht nur, indem wir die eigene Armee abschaffen würden, sondern indem wir eine Plattform bieten würden für eine globale Sicherheits- und Friedenskonferenz, die weit über konventionelle Konferenzen solcher Art hinausgehen würde und nicht nur Politikerinnen und Politiker, sondern die gesamte Zivilgesellschaft bis hin zu den Jugendlichen und den Kindern.
“Jede
Kanone, die gebaut wird”, sagte US-Präsident Dwight D. Eisenhower,
“jedes Kriegsschiff, das vom Stapel gelassen wird, jede abgefeuerte Rakete
bedeutet letztlich einen Diebstahl an denen, die nichts zu essen haben, frieren
und keine Kleidung besitzen. Eine Welt unter Waffen verpulvert nicht nur Geld
allein. Sie verpulvert auch den Schweiss ihrer Arbeiter, den Geist ihrer
Wissenschaftler und die Hoffnung ihrer Kinder.”