Die Ereignisse in Butscha: Darstellung und Gegendarstellung

 

“Massaker in Butscha: Selenski wirft russischen Truppen Völkermord vor” – dies die Hauptschlagzeile auf der Frontseite des “Tagesanzeigers” vom 4. April 2022. Und auf Seite 2 dann: “Putins blutige Spur in Butscha.” Es geht um ein mutmassliches Massaker, welches die russischen Truppen in Butscha, einer Stadt 37 Kilometer nordwestlich von Kiew, an russischen Zivilpersonen Ende März verübt haben sollen. Als Reporter am 31. März nach dem Abzug der russischen Truppen nach Butscha gekommen waren, hätten sie zahlreiche Leichen auf den Strassen liegen sehen, die meisten mit zusammengebundenen Händen und durch Kopfschuss getötet. Aus offenen Gräbern bei einer Kirche seien Hände seien Hände und Füsse mehrerer Leichname herausgeragt. Insgesamt seien im Grossraum Kiew die Leichen von 410 Zivilisten gefunden worden. Entsprechend scharf sind die Reaktionen: Selenski fordert mehr Waffenlieferungen, die deutsche Aussenministerin kündigt eine Verschärfung von Sanktionen gegen Russland an, das schweizerische Aussendepartement EDA schreibt, die Berichte aus Butscha liessen schwere Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht befürchten, und Carla Del Ponte, ehemalige Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs, fordert sogar einen Haftbefehl gegen Wladimir Putin. Dieser westlichen Darstellung der Ereignisse von Butscha allerdings widerspricht laut “Russia Today” das russische Aussenministerium: Die Vorwürfe seien eine Inszenierung Kiews und westlicher Medien. Zu dem Zeitpunkt, als die russischen Streitkräfte in Butscha stationiert gewesen seien, sei kein einziger Anwohner Opfer von Gewalttaten geworden. Nach dem Abzug der russischen Truppen hätte Bürgermeister Anatoli Fjodoruk eine Videoansprache gehalten und mit keinem Wort erschossene Einheimische mit gefesselten Händen auf dem Rücken erwähnt. Die sogenannten “Beweise” für das Massaker seien erst am 4. Tag nach dem Abzug der russischen Truppen aufgetaucht, als Beamte des ukrainischen Sicherheitsdienstes und Vertreter des ukrainischen Fernsehens in der Stadt eingetroffen seien. Das Massaker hätten die Ukrainer selber angerichtet. Und zwar hätten sie nach dem Rückzug der russischen Truppen unter den Ukrainern Kollaborateure gesucht, eine Hexenjagd gestartet und dann diese Leute hingerichtet und anschliessend so getan, als ob das die russischen Streitkräfte gewesen wären. Westliche Darstellung und russische Gegendarstellung. Wer hat Recht? Wer lügt und wer sagt die Wahrheit? Schwer zu sagen, da noch keine unabhängige Untersuchung der Ereignisse stattgefunden hat. Doch wie dem auch sei: Die Ereignisse von Butscha zeigen uns in aller Eindringlichkeit, dass dieser Krieg auf keinen Fall mehr weiter in die Länge gezogen werden darf und schnellstmöglich eine Friedenslösung gefunden werden muss, bei der beide Seiten aufeinander zugehen und einen Kompromiss finden müssen, mit dem beide leben können. Denn, wie schon der römische Philosoph Cicero lehrte: “Selbst der ungerechteste Frieden ist immer noch besser als der gerechteste Krieg.”