2,8 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll – und jeden Tag sterben 15’000 Kinder an Hunger…

 

Gemäss einem Bericht des schweizerischen TV-Magazins “Kassensturz” vom 21. Juni 2022 landen schweizweit jährlich 2,8 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Verladen auf Lastwägen gäbe dies eine Kolonne von Zürich bis Madrid. Insgesamt wird in der Schweiz ein Drittel sämtlicher Lebensmittel fortgeworfen. Und dies in einer Welt, in der rund 800 Millionen Menschen hungern und jeden Tag rund 15’000 Kinder vor dem Erreichen ihres fünften Lebensjahrs sterben, weil sie nicht genug zu essen haben. Es soll niemand behaupten, das eine hätte mit dem andern nichts zu tun. Wir alle leben gemeinsam auf der einen und gleichen Erde, die sämtliche acht Milliarden Menschen ernähren könnte, wenn wir nur das, was vorhanden ist, auf alle gerecht verteilen würden. “Die Erde”, sagte Mahatma Gandhi, “hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.” Doch offenbar haben sich die auf der Sonnenseite schon so sehr an ihren Überfluss gewöhnt wie die auf der Schattenseite an die unsäglichen Schmerzen und das unsägliche Leiden, welche der endlose tägliche Hunger ihnen antut. Was absolut verrückt ist, erscheint uns als “Normalfall”: Dass Gemüse nicht im Lebensmittelladen, sondern auf dem Müll landet, weil es fix vorgegebenen Normen von Grösse und Form nicht entspricht. Dass wir kurz vor Ladenschluss zur Bäckerei gehen können und immer noch alle Brotorten, alle belegten Brötchen und alles Süssgebäck zum Verkauf bereitliegen, ohne dass jemand fragt, was denn mit all dem Unverkauften später geschehen wird. Dass auch im Supermarkt beim Ladenschluss immer noch alle Gestelle voll sind mit Abertausenden von Produkten, herbeigeschafft aus aller Welt, selbst aus Ländern, wo es an allem fehlt. Dass wir im Restaurant aus 30 oder 40 verschiedenen Menus auswählen können, ohne uns überlegen zu müssen, wo die viele überflüssige Ware all jener Gerichte, die von niemandem bestellt wurden, landen wird. Dass selbst ein so wertvolles Gut wie Fleischprodukte ganz selbstverständlich auf unserem täglichen Einkaufszettel stehen, obwohl wir doch wissen müssten, dass weltweit nicht weniger als 40 Prozent aller Agrarflächen dem Anbau von Futtermitteln für die Fleischproduktion dienen und damit dem Anbau von Grundnahrungsmitteln für die breite Bevölkerung entzogen werden. Ja, der kapitalistische Markt ist gnadenlos. Die Ungleichverteilung ist himmelschreiend. Die vollen Gestelle in unseren Supermärkten und die leeren Regale in afrikanischen und südamerikanischen Lebensmittelläden sind die beiden Kehrseiten der gleichen kapitalistischen Münze. Denn in dieser Welt fliessen die Güter nicht dorthin, wo die Menschen sie brauchen, sondern dorthin, wo die Menschen genug Geld haben, um sie kaufen zu können. Und selbst in den “reichen” Ländern des Nordens wird die Ungleichheit immer grösser, zwischen denen, die sich im Luxusrestaurant ein Fünfgangmenu vorsetzen lassen und dazu einen hundert- oder zweihundertfränkigen Wein bestellen, und denen, die auf irgendeine Weise nach Ladenschluss an etwas Gemüse, ein Stück Brot und an ein paar Teigwaren gelangen, deren Verbrauchsdatum eigentlich schon abgelaufen ist und die sonst fortgeworfen worden wären. Die vom Bundesrat soeben in Auftrag gegebene Empfehlung, wonach die meisten Nahrungsmittel auch über das aufgedruckte Ablaufdatum hinaus problemlos konsumiert werden können, ist ja gut gemeint, letztlich aber nicht mehr als ein Tropfen auf den heissen Stein. Um das Problem der ungleichen weltweiten Nahrungsmittelverteilung zu lösen, braucht es weit mehr als das. “Jeder Mensch”, so steht es in Artikel 11 des von 162 Staaten verabschiedeten Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, “hat das Recht auf angemessene, ausreichende und gesunde Nahrung.” Ob es uns lieb ist oder nicht, aber dieses Ziel muss ein schöner Wunschtraum bleiben, ein schönes Lippenbekenntnis, ein blutleerer Gesetzestext, solange ddas kapitalistische Wirtschaftssystem, in dem alle Lebensbedürfnisse dem Geld, der Gewinnmaximierung und den Profitinteressen multinationaler Konzerne unterworfen werden, nicht von Grund auf überwunden und durch eine Wirtschaftsordnung ersetzt wird, deren oberstes Ziel die soziale Gerechtigkeit ist und das gute Leben für alle Menschen auf diesem Planeten. „Es gäbe genug Geld”, sagte Albert Einstein, “genug Arbeit, genug zu
essen, wenn wir die Reichtümer der Welt richtig verteilen würden, statt uns zu
Sklaven eines starren Wirtschaftssystems zu machen.“