Alexei Nawalny: Ein Märtyrer im Kampf für Demokratie?

„Putin ist der Mörder“ – Diese Schlagzeile ging im Zusammenhang mit dem Tod von Alexei Nawalny am 16. Februar blitzschnell durch die gesamte westliche Medienwelt. Und dies, bevor die forensische Untersuchung der Todesursache überhaupt erst begonnen hatte. Schon erstaunlich, dieses Ausmass an Empörung, wenn man es mit dem Tod von bisher rund 23‘000 Menschen, davon 16‘000 Frauen und Kindern, vergleicht, die seit dem 7. Oktober im Gazastreifen infolge der israelischen Bombardierungen ums Leben gekommen sind. Von einer Schlagzeile „Netanyahu ist der Mörder“ war jedenfalls bisher noch in keinem der wichtigsten westlichen Medien etwas zu lesen, obwohl – im Gegensatz zum Fall Nawalny, wo alles noch im Bereich von Mutmassungen liegt – einwandfrei feststeht, dass Netanyahu mit dem Krieg und der anhaltenden Verweigerung eines Waffenstillstands für den Tod dieser grösstenteils unschuldigen Zivilpersonen die Hauptverantwortung trägt.

Nawalny zu einem Kämpfer oder gar Märtyrer für Freiheit und Demokratie emporzustilisieren, ist aber auch noch aus einem anderen Grunde fragwürdig. Nawalny war nämlich nicht nur der Widersacher Putins, sondern auch ein extremer Nationalist, um nicht zu sagen Rassist. So etwa bezeichnete er auf seinem Blog Bürgerrechtler als „quasiliberale Wichser“ und Homosexuelle als „Schwuchteln, die weggesperrt gehören“. Die Tschetschenen verglich er mit „Kakerlaken“ und forderte die Bombardierung von Tiflis mit Marschflugkörpern. „Volksgruppen aus dem Kaukasus und Arbeitsmigranten aus südlichen Nachbarländern”, sagte er, „alles, was uns stört, muss man mit Vorsicht, aber unbeirrt per Deportation entfernen.“ Wegen solcher und ähnlicher Aussagen wurde er denn auch im Jahre 2007 aus der demokratisch-liberalen Jabloko-Partei ausgeschlossen. Zudem wurde ihm 2021 von Amnesty International der Status eines „gewaltlosen politischen Gefangenen“ aberkannt, mit der Begründung, er sei ein „rassistischer und gewalttätiger Schläger“. Zwar widerrief Amnesty International diese Aberkennung später wieder, aber nur unter massivem Druck westlicher Regierungen.

Nawalny mag dem Westen bestens als Opfer des russischen Machtsystems und seines Präsidenten Putin dienen. Alles andere aber war er als ein lupenreiner Kämpfer für Freiheit und Demokratie, als den ihn die westlichen Mainstreammedien gerne darzustellen versuchen. Diese würden sich besser bei der eigenen Nase nehmen und „demokratisch“, nämlich ausgewogen, auch über die Schattenseiten des vermeintlichen Freiheitskämpfers berichten.