Friedensverhandlungen im Ukrainekonflikt: Drei Mal war das Fenster offen und drei Mal wurde es zugeschlagen – nicht von Russland…

 

Gemäss Medienmitteilungen vom 28. Oktober 2022 hat der russische Präsident Wladimir Putin seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen im Ukrainekonflikt bekräftigt. Allerdings, so Putin, hätte sich die Ukraine unter dem Einfluss der USA gegen solche Gespräche entschieden. Womit er recht haben dürfte, hat doch Selenski höchstpersönlich anfangs Oktober ein Dekret erlassen, wonach Verhandlungen mit Putin explizit verboten seien. “Damit”, so “Focus” am 13. Oktober, “scheinen alle Verhandlungen gesperrt.”

Dies ist das dritte Mal, dass sich im Ukrainekonflikt ein Fenster zu Friedensverhandlungen geöffnet hat – und es war nicht Russland, welches dieses Fenster immer wieder zugeschlagen hat. Bereits im Dezember 2021 suchte Putin aufgrund der Spannungen und Konflikte im Donbass sowie des drohenden NATO-Beitritts der Ukraine das Gespräch mit der US-Regierung. Die Antwort von Präsident Biden war kurz und unmissverständlich: Dies seien keine Themen, die zwischen dem Westen und Russland verhandelt würden. Der SPD-Politiker Klaus Dohnany vertritt heute noch die Ansicht, der Ukrainekrieg hätte verhindert werden können, wenn die US-Regierung auf diesen Diskussionsvorschlag eingegangen wäre.

Vom zweiten Fenster für mögliche Friedensgespräche spricht die US-Zeitschrift “Foreign Affairs” im März 2022. Die Zeitschrift zitiert Stellen aus der US-Administration, wonach es beinahe zu einem Friedensschluss zwischen der Ukraine und Russland gekommen wäre. Grundlage dieses Friedensschlusses wären ein Rückzug aus allen seit dem 24. Februar von Russland besetzten Gebieten und ein Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Betritt gewesen. Diese Friedenslösung sei aber vom britischen Premierminister Boris Johnson, der zu diesem Zweck extra nach Kiew reiste, mit Rückendeckung der USA torpediert worden. Johnson hätte Selenski davor gewarnt, mit einem “Kriegsverbrecher” Verhandlungen zu führen, und gesagt, dass der Westen noch nicht bereit sei für ein Ende des Kriegs.

Nun also das dritte Fenster. Und zum dritten Mal wird es zugeschlagen und wieder nicht von Russland. Wie wenig Bereitschaft zu Friedensverhandlungen von der ukrainischen Seite her vorhanden ist, zeigt eine Aussage von Mykhailo Podolyak, dem einflussreichsten Berater von Präsident Selenski, Mitte Oktober 2022: “Zu Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland kann es nur kommen, wenn eine andere Partei in Russland an die Macht kommt oder wenn die Ukraine Russland besiegt hat, sodass der Verhandlungsprozess von der Ukraine definiert und Russland als Ultimatum gestellt wird.” Dies passt haargenau zu Selenskis Position, wonach es früher noch um Frieden gegangen sei, jetzt aber nur noch um den Sieg. Wobei die deutsche Aussenministerin Analena Baerbock sogar noch einen Schritt weitergeht und findet, dass es darum gehen müsse, Russland zu “ruinieren”. Doch wie stellen sich all die Hardliner, die einen Sieg des Westens über Russland einer Friedenslösung mit der Berücksichtigung gegenseitiger Interessen vorziehen, das denn vor? Wie wird sich Russland nach einer solchen totalen Niederlage und einer so grossen Schmach denn verhalten? Wird eine solche Demütigung nicht nach blinder Rache rufen, mit vielen, jetzt noch unabsehbaren Folgen? Wird Putin das überleben oder werden dann nicht erst recht jene Hardliner ans Ruder kommen, die Putin schon heute vorwerfen, er sei zu “weich”, und die am liebsten jetzt schon Atomwaffen ins Spiel bringen möchten. 

Westliche Politiker und Medien werden nicht müde, Putin als den alleinigen Bösewicht hinzustellen und ihm insbesondere auch vorzuwerfen, an einer Friedenslösung nicht interessiert zu sein – ein Vorwurf, der ganz offensichtlich viel mehr auf jene zurückfällt, die ihn so hartnäckig verbreiten. Dabei müsste man doch jeden noch so winzigen Zipfel, egal von welcher Seite er kommt, ergreifen, um dem Frieden und einem Ende sinnlosen Blutvergiessens und sinnloser Zerstörung so schnell wie möglich eine Chance zu geben. Ist doch, wie schon der römische Philosoph Cicero sagte, auch noch der “ungerechteste Frieden immer noch besser als der gerechteste Krieg.” Gewiss muss dann früher oder später aus dem “ungerechten Frieden” auch ein “gerechter Frieden” werden, aber ein Ende von Zerstörung und militärischer Gewalt wäre immerhin ein erster unentbehrlicher Schritt in die richtige Richtung…