Viertes Montagsgespräch vom 4. Dezember 2023: Wachsender Leistungsdruck in der Schule

Wie eine kürzlich im Kanton Zürich durchgeführte Befragung von 14Jährigen ergeben hat, fühlen sich die Hälfte der Mädchen durch die Schule „sehr“ bis „ziemlich“ gestresst, deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren. Zugenommen haben auch, als Folgen des zunehmenden Leistungsdrucks, Bauch-, Rücken- und Kopfschmerzen, Angststörungen und Suizidversuche. Auch Knaben, zwar in etwas geringerem Ausmass, leiden zunehmend unter der psychischen Belastung durch die Schule. Dies und die Tatsache, dass die meisten Kinder im Verlaufe ihrer Schulzeit ihre anfängliche Lernfreude verlieren, bildeten den Ausgangspunkt des Buchser Montagsgesprächs vom 4. Februar zum Thema Schule.

Im Verlaufe der Diskussion zeigten sich mehrere Ursachen für den wachsenden Leistungsdruck in der Schule. Erwähnt wurden unter anderem die völlig unrealistischen Lernziele, wie sie etwa durch den neu eingeführten Lehrplan 21 mit insgesamt 2307 Kompetenzen vorgegeben sind. Zweitens das Notensystem, mit dem die Kinder bei ihrem Lernen permanent miteinander verglichen werden, obwohl längstens bewiesen sei, dass Lernen etwas ausgesprochen Individuelles ist und Pestalozzi schon vor über 250 Jahren forderte, kein Kind mit einem anderen zu vergleichen, sondern stets nur jedes mit sich selber. Drittens das Auswendiglernen von Wissen zu Prüfungszwecken, wobei das meiste des Gelernten ohnehin in Kürze wieder vergessen ginge und ausserdem mit den tatsächlichen Lebensanforderungen kaum etwas zu tun habe. Viertens die zunehmende Akademisierung des Bildungswesens und der Lehrerbildung, was sich beispielsweise darin zeige, dass lustvolle, spielerische Lernformen immer mehr aus dem Schulalltag verschwänden. Fünftens eine zu einseitige Definition von Intelligenz mit einer Überbewertung kognitiver Fähigkeiten wie Sprache und Mathematik, während doch auch Empathie, Kreativität, handwerkliches Geschick, Musikalität und vieles mehr ebenso wesentliche Elemente menschlicher Intelligenz bildeten. Sechstens der gesamtgesellschaftliche Trend zu permanenter „Selbstoptimierung“ und zum Zwang, in immer kürzerer Zeit immer höhere Leistungen zu erzielen.

Als mögliche Ansätze zukünftiger Schulreformen wurde in der Runde unter anderem Folgendes genannt: Entrümpelung der Lehrpläne von unnötigem Ballast, dafür mehr Zeit für den Aufbau der wesentlichen Grundfertigkeiten wie Lesen und Schreiben; Abschaffung des Notensystems, stattdessen vermehrt individuelle und ganzheitliche Lernförderung; Lernen in Projekten und Gesamtzusammenhängen mit Praxisbezug anstelle einzelner, voneinander isolierter Schulfächer; grössere Chancengleichheit für alle sozialen Schichten; Verknüpfung von Lernen mit Wohlbefinden und Lebensfreude.

Leider fehlten an diesem Abend Lehrkräfte, die noch im Berufsleben stehen, Eltern schulpflichtiger Kinder sowie Kinder und Jugendliche. Sie alle hätten zweifellos viel Wertvolles zur Diskussion beitragen können.