Fuss um Fuss (1976)

Dieses Gedicht entstand auf einer Wanderung über die Alpen, von Buchs im St. Galler Rheintal nach Bellinzona im Tessin, rund 300 Kilometer innerhalb von zwei Wochen.

Fuss um Fuss
Meter um Meter
der Sonne entgegen
neuer Geruch
die feuchte Erde am Morgen
Wasser
nach staubtrockener Strasse
wie es anders wird gegen Süden
die Bäume
die Schmetterlinge
die Menschen
am Nachtfeuer sich wärmend
zu ahnen beginnen
was Leben wäre
ohne
die tägliche Gewohnheit
übervoller Teller
so
Fuss um Fuss
Meter um Meter
der Sonne entgegen
in neues Land
lernend
Schritt um Schritt
kein Weg
nicht der Bruchteil eines Weges
ausgelassen
abgekürzt
ALLES
ausgekostet
Holzbrücken
die alten Verbindungswege
als es noch keine Autos gab
auf den Spuren der Menschen von damals
durch tiefe Schluchten
über kaum mehr begangene Pässe
nachts
wenn die Angst
vor Steinlawinen und Sturzbächen
längst vergessenes
Ausgeliefertsein an die Natur
in Erinnerung ruft
sich um tausend Jahre zurückversetzen
so
Fuss um Fuss
Meter um Meter
und nach halb durchwachter Nacht
am neuen Morgen
neue Gesichter
neue Menschen
auf der steilen schmalen
Pflastersteingasse
eine neue Sprache.