Der FDP Schweiz scheint auch noch das absurdeste Argument gut genug zu sein, um Waffenlieferungen an die Ukraine zu befürworten…

 

“Brisante Kehrtwende bei Waffenexporten”, schreibt das schweizerische “Tagblatt” am 26. Januar 2023. Nachdem die Schweiz als neutrales Land bisher an der Doktrin festgehalten hat, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern, wird nun wegen des Ukrainekriegs der Druck auf die Schweiz, das Kriegsmaterialgesetz zu lockern, immer grösser. Insbesondere Vertreter Deutschlands, Dänemarks und Spanien äusserten bereits mehrmals lautstark ihr Unverständnis für die Schweizer Position. Entgegen dem Bundesrat, der keine Anstalten macht, das Gesetz zu lockern, liegen nun aus dem Parlament mehrere Vorstösse vor, die es ermöglichen sollen, dass Länder, die schweizerisches Kriegsmaterial gekauft haben, dieses weitergeben können. Am weitesten geht der Vorschlag der Freisinnig Demokratischen Partei FDP, welche die Nichtwiederausfuhrerklärungen für gewisse Länder abschaffen will, welche “vergleichbare Werte vertreten wie die Schweiz”. Es liegt auf der Hand, dass damit im Speziellen die Ukraine gemeint ist.

Wie man behaupten kann, die Ukraine würde “vergleichbare Werte wie die Schweiz” vertreten, ist mir schleierhaft. Die Ukraine gilt als eines der korruptesten Länder der Welt. Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe hat schon mehrfach die Haftbedingungen in den ukrainischen Gefängnissen kritisiert, zu denen auch die Anwendung von Foltermethoden gehört. Amnesty International wirft ukrainischen Regierungssoldaten und insbesondere dem berüchtigten Asowregiment schwerste Menschenrechtsverletzungen in der Ostukraine ab 2014 vor. Seit dem 2019 erlassenen Sprachengesetz ist das Ukrainische die einzige offizielle Landessprache und die russische Sprache darf im öffentlichen Raum, in der Politik oder an den Universitäten nicht mehr verwendet werden. Sämtliche Werke russischer Autorinnen und Autoren wurden aus den Bibliotheken entfernt, selbst Liebesromane und Kinderbücher. Musikstücke russischer Komponistinnen und Komponisten dürfen nicht mehr öffentlich aufgeführt werden. Mehrere politische Parteien und Zeitungen wurden verboten, oppositionelle Fernsehstationen geschlossen,  Gewerkschaftsrechte eingeschränkt. Bürgerinnen und Bürger, die sich gegenüber der Regierung kritisch äussern, werden auf öffentlichen Plätzen an Laternenpfähle gebunden und vor den Augen der Passatinnen und Passanten durchgeprügelt. Auch Bürgerinnen und Bürger anderer Länder, die unliebsame Aussagen machen, geraten ins Visier der ukrainischen Staatsbehörden: So zum Beispiel wurde der deutsche SPD-Politiker Rolf Mützenich, der sich für einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine aussprach, auf eine staatliche Terrorliste gesetzt. 

Das sollen sie also sein, die mit der Schweiz vergleichbaren Werte? Es braucht schon ein recht hohes Mass an Unverfrorenheit oder Naivität, Waffenlieferungen an die Ukraine mit diesem Argument zu begründen. Indessen muss nicht verwundern, dass es so weit kommen konnte. Seit elf Monaten wird der Öffentlichkeit durch unsere Medien in Bezug auf die Ukraine beinahe ausschliesslich das Bild eines tapferen, heldenhaften, demokratischen, freiheitlichen Landes vermittelt, welches an vorderster Front nicht nur sich selber, sondern gleich auch noch die gesamte westliche “Wertegemeinschaft” verteidigt und deshalb unserer uneingeschränkten Unterstützung bedarf. Gewiss, auch wenn die Ukraine noch so korrupt ist, gegenüber der russischsprachigen Bevölkerungsminderheit eine noch so unentschuldbare Apartheidpolitik betreibt und sich noch so zahlreicher Menschenrechtsverletzungen in der Ostukraine schuldig gemacht hat, ist das alles noch lange keine Rechtfertigung für den russischen Angriffskrieg. Doch die Schweiz als neutrales Land hätte in diesem Konflikt eine viel wesentlichere und wichtigere Aufgabe, als Waffenlieferungen an die eine der beiden Konfliktparteien zu erleichtern. Diese Aufgabe würde darin bestehen, alles nur Erdenkliche zu tun, um auf diplomatischem Weg eine Friedenslösung zwischen Russland und der Ukraine in die Wege zu leiten. Je mehr sich die Schweiz auf die eine der beiden Seiten schlägt, umso mehr gibt sie das Heft einer friedlichen Lösung dieses Konflikts leichtfertig aus der Hand. 

(Quellen: “Tagblatt” 26.1.23; Wikipedia; www.zdf.de; www.voltairenet.org)