Die verheerende Zerstörung des Kachowka-Staudamms: Einseitige Schuldzuweisungen an die Adresse Russlands, obwohl noch keinerlei Beweise vorliegen…

 

Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Region Cherson am 5. Juni 2023 müssen Zehntausende Menschen in der Südostukraine evakuiert werden. “Moskau und Kiew”, so der “Tagesanzeiger” am 7. Juni , “bezichtigen sich gegenseitig, den Damm zerstört zu haben. Unabhängige Augenzeugenberichte aus der Region gibt es keine. Internationale Analysten schliessen anhand von Satellitenbildern der letzten Wochen und Monate jedoch nicht aus, dass der Damm wegen der massiven Beschädigungen im Kriegsverlauf schliesslich von selber gebrochen sein könnte.” Militärisch nütze der Dammbruch keiner Seite etwas, so der “Tagesanzeiger”, auch Russland profitiere nicht davon. Eine breite ukrainische Attacke in dieser Region hätte Russland sowieso nicht zu befürchten gehabt. Experten würden zudem betonen, dass die Wassermassen auf der von Russland okkupierten Seite des Dnjepr weit mehr Schaden anrichten würden als auf dem rechten Flussufer, welches die Ukraine kontrolliert. Zudem gefährde der Dammbruch die Trinkwasserversorgung der von Russland gehaltenen Halbinsel Krim wie auch die Kühlung des Atomkraftwerks Saporischschja. Dass die Ukraine als mögliche Täterin durchaus nicht ausgeschlossen werden kann, erhärtet sich auch dadurch, dass, wie die “Washington Post” bereits im Dezember 2022 berichtete, schon seit längerem ukrainische Pläne bestünden, den Kachowka-Staudamm zu zerstören.

Doch obwohl auch noch nicht einmal ansatzweise erwiesen ist, wer die Verantwortung für den Dammbruch trägt, wird von westlicher Seite schon aus allen Rohren geschossen und von höchster Stelle die alleinige Schuld Russland in die Schuhe geschoben. “Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms mit den schrecklichsten Folgen”, so der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, “zeigt eine neue Dimension. Es passt in die Art und Weise, wie erbarmungslos Russland den Krieg führt und reiht sich in die vielen Verbrechen Russlands ein.” Nicht weniger deutliche Worte kommen von Aussenministerin Analena Baerbock: “Für diese Umweltkatastrophe gibt es nur einen einzigen Verantwortlichen: den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.” Auch für die deutsche Sicherheitspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist klar: “Ein weiteres grauenhaftes Kriegsverbrechen Russlands – mit Putin wird es keinen Frieden geben.” Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wischt alle Zweifel vom Tisch: “Das ist ein ungeheuerlicher Akt, der wieder einmal die Brutalität des russischen Kriegs in der Ukraine gezeigt hat.” Und im Gleichschritt die Mainstreampresse: “Russen sprengen riesigen Staudamm”, so die deutsche Bild-Zeitung. Und auch der schweizerische “Blick” bläst ins gleiche Horn und berichtet darüber, dass der lettische Präsident ein “Sondertribunal gegen Putin” fordere.

Doch eigentlich ist es schon fast müssig, über Schuld oder Nichtschuld der einen oder der anderen Seite zu werweissen. Das ist nicht der springende Punkt. Der springende Punkt besteht darin, dass dieser sinnlose Krieg nach bald eineinhalb Jahren immer noch unerbittlich andauert. Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms ist nicht ein vom “normalen” Kriegsverlauf abweichendes Einzelereignis, ebenso wenig wie der Angriff auf die Krimbrücke oder der Angriff russischer Drohnen auf ukrainische Städte. Dies alles sind nur die ganz “normalen” Begleiterscheinungen eines jeden Krieges, in dem eben stets aufs neue das eben noch Undenkbare zum Denkbaren wird. Dieser Wahnsinn wird nicht zu Ende sein an dem Tag, an dem der “Hauptschuldige” an der Zerstörung des Kachowka-Staudamms endgültig feststehen wird. Er wird erst dann zu Ende sein, wenn, hoffentlich so bald wie möglich, die letzte Waffe schweigen wird.

Wie lange soll dieser Wahnsinn noch andauern, wie viel Undenkbares muss noch denkbar werden, bis die an diesem Krieg Beteiligten zur Vernunft kommen? Wann endlich wird man einsehen, dass es alles bloss Lügen waren, wenn die eine oder die andere Seite davon sprach, vom “Feind” okkupierte Gebiete zurückzuerobern und zu “befreien”? Die “Befreiung” besteht doch bloss darin, so lange hin und her zu kämpfen, bis nichts mehr übrig bleibt, nichts mehr von den Häusern, in denen einst Menschen lebten, nichts mehr von den Strassen, die Dörfer und Städte miteinander verbanden, nichts mehr von den Feldern, die Arbeit und Nahrung verschafften, nichts mehr von den Menschen, die sich gegenseitig “befreit” haben. 

Wäre es denn so schlimm, wenn die Ukraine es zulassen würde, dass die Menschen in den umkämpften Gebieten selber entscheiden könnten, welcher Nation sie angehören oder ob sie vielleicht sogar eine eigene, unabhängige Republik schaffen möchten? Ist die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation so viel wichtiger als das grundlegende Menschenrecht, in Sicherheit und Frieden leben zu können? Sind wir alle, lange bevor wir Bürgerinnen und Bürger einer bestimmten Nation sind, nicht vor allem Bewohnerinnen und Bewohner einer einzigen gemeinsamen Erde, Brüder und Schwestern über alle Grenzen hinweg? Sollten Grenzen, wenn es sie denn schon unbedingt braucht, nicht viel mehr dazu da sein, Menschen miteinander zu verbinden, statt sie voneinander zu trennen? Schauen wir in den Himmel. Die Vögel erzählen es uns jeden Morgen, jeden Mittag, jeden Abend. Sie kennen keine Grenzen und leben doch in unendlicher Freiheit. Ja, wir Menschen haben noch viel, noch unermesslich viel zu lernen…