Mehr Reformen, mehr Kapitalismus

In der im Juni 2016 beschlossenen «Globalen Strategie für die Aussen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union» kommt der Begriff «Resilienz» 34 Mal vor. «Resilienz» wird – vor allem in Bezug auf die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den Ländern südlich und östlich der EU – definiert als «Fähigkeit von Staaten und Gesellschaften, Reformen durchzuführen und so internen und externen Krisen zu widerstehen und sich von ihnen erholen zu können.»

(Gernot Erler, «Weltordnung ohne den Westen»)

Was bedeuten «Reformen» in den Ländern südlich und östlich der EU? Gehen wir davon aus – und alles andere wäre wohl ein gewaltiger Trugschluss -, dass die EU insgesamt ein kapitalistisches Projekt ist, dann bedeuten «Reformen» nichts anderes, als dass die Prinzipien der freien Marktwirtschaft (sprich des Kapitalismus) so effizient wie möglich vorangetrieben werden sollen in jenen Ländern, die früher oder später den Anschluss an die EU suchen. Das heisst: mehr Wettbewerb, mehr Wirtschaftswachstum, mehr Konsum, Privatisierung ehemaliger Staatsbetriebe, Sparmassnahmen im öffentlichen Bereich, Erhöhung des Rentenalters, Reduktion von Reichtums-, Erbschafts- und Vermögenssteuern, usw. Dass mit solchen Massnahmen künftigen «internen und externen Krisen» vorgebeugt werden soll, das können wohl nicht einmal die Verfasser dieses Dokuments wirklich allen Ernstes glauben.