Das käufliche Paradies

Wie neue Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeigen, haben auch im vergangenen Jahr mehrere Personen von einem Schlupfloch im Ausländergesetz Gebrauch gemacht und sich einen der begehrten B-Ausweise gekauft. Insgesamt 44 Personen – unter anderem 12 aus China, 5 aus Saudi-Arabien und 3 aus Russland – haben 2018 von einem Schweizer Kanton wegen «wichtiger öffentlicher Interessen» eine Aufenthaltsbewilligung erhalten… Seit 2014 gelten laut SEM auch «erhebliche fiskalische Interessen» als «wichtiges öffentliches Interesse». Sprich: Reiche Ausländer, die einem Kanton ein verlockendes Steuerversprechen unterbreiten, können allein wegen ihrer Finanzkraft auf eine Schweizer Aufenthaltsbewilligung hoffen… Möglich ist der Kauf einer Schweizer Aufenthaltsbewilligung seit 2008. Seither haben insgesamt 622 Personen wegen «wichtiger öffentlicher Interessen» einen B-Ausweis erhalten… Von Vermittlungsagenturen wird die Schweiz noch immer als Topniederlassungsziel für finanzkräftige Auswanderungswillige vermarktet. Die Firma «Elma Global», die sich auf die Vermittlung von Zweitpässen und Aufenthaltsbewilligungen spezialisiert hat, preist das Land in den höchsten Tönen an und verlangt für die Aushandlung eines Pauschalsteuerdeals – die Voraussetzung für ein sogenanntes «goldenes Visum» für die Schweiz – mit dem gewünschten Wohnkanton 50’000 Franken… Laut dem Schweizer Onlinemagazin «Citizenship by Investment» bieten mehr als die Hälfte aller Länder weltweit ähnliche Aufenthaltsbewilligungsdeals für reiche Ausländer an. Laut Schätzungen haben diese Länder dank den «goldenen Visa» allein 2018 rund 80 Milliarden an zusätzlichen Steuern und Investitionen eingenommen. Besonders dick im Geschäft sind laut der Nichtregierungsorganisation Transparency International Litauen, Spanien und Portugal, die 2018 mehr als 10’000 entsprechende Aufenthaltsbewilligungen ausgestellt haben… In Zypern und Malta können sich reiche Ausländer nicht nur Aufenthaltsbewilligungen, sondern gar ganz offiziell die Staatsbürgerschaft kaufen. Dieses Geschäftsmodell scheint zu florieren. Auch der EU-Anwärter Montenegro verkauft seinen Pass seit Oktober 2018 ganz offiziell an gut betuchte Möchtegerneuropäer.

(Tagblatt, 7. Januar 2019)

Was ist «legal», was ist «illegal»? Die kapitalistische Welt stellt alles auf den Kopf. Wer reich ist – auf was für verschlungenen Wegen dieser Reichtum auch «erworben» wurde -, dem stehen alle Türen offen zu Orten, wo noch mehr Reichtum angehäuft wurde und sich der vorhandene Reichtum noch weiter vermehren lässt. Wer dagegen arm ist – auf was für verschlungenen Wegen diese Armut auch verursacht wurde -, dem bleiben, obwohl gerade er es am dringendsten nötig hätte, diese Türen verschlossen. Was für eine verkehrte – kapitalistische – Welt. Werden zukünftige Generationen dies noch glauben können?