Ein Komiker wird Präsident der Ukraine

Der Multimillionär, Schauspieler und Komiker Wolodomir Selenski gewann nach vorläufigen Wahlergebnissen bei den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine rund 73 Prozent der Stimmen. Amtsinhaber Petro Poroschenko kam auf nur 24 Prozent und räumte noch am Wahlabend seine Niederlage ein.

(Tages-Anzeiger, 23. April 2019)

Dass Selenski, praktisch ohne politische Aussagen zu machen und bloss aufgrund seiner Popularität als Schauspieler und in den sozialen Medien, einen so hohen Wahlsieg feiern konnte, sagt einiges aus über die Demokratie in einem kapitalistischen Land. Das, was die Menschen wirklich belastet – der sinkende Lebensstandard, die ungenügenden Sozialleistungen, die sich immer mehr verschärfende Kluft zwischen Arm und Reich – können weder Poroschenko noch Selenski aus der Welt schaffen: In einer Welt, wo das Geld regiert und es «normal» geworden ist, dass jeder den andern übers Ohr harrt, in einer solchen kapitalistischen Welt verkommen politische Figuren je länger je mehr zu blossen Karikaturen ihrer selbst, ebenso gut könnte man ihr Konterfei aus Pappkarton ausschneiden und auf die Stühle in den Parlamenten und Regierungen setzen. Und so werden wohl all die Hoffnungen, die sich mit der Wahl Selenskis verbunden haben, leider trügerisch bleiben. Hierfür bräuchte es schon eine radikal neue Bewegung aus der Basis der Bevölkerung heraus, mit einem antikapitalistischen Programm, das mit den bestehenden Machtverhältnissen nichts, aber auch gar nichts am Hut hat. Und diese Bewegung müsste eine grenzüberschreitende, globale Bewegung sein. Denn wenn nur ein einzelnes Land aus dem kapitalistischen System aussteigt, würde dies wahrscheinlich sehr schnell seinen wirtschaftlichen Untergang bedeuten. Indes wären die Mehrheiten hierfür wohl schon bald in allen Ländern der Erde vorhanden. Denn das Leiden unter dem Kapitalismus wird naturgemäss immer stärker. Das Holz ist gerichtet. Es braucht nur noch den Funken, der es anzündet…