Lohn und betriebswirtschaftliche Rentabilität

«Für uns Bäuerinnen geht es zum Beispiel um die Lohnfrage. Wir müssen sagen: Für unsere Arbeit steht uns eine Bezahlung zu. Das ist wichtig als Form der Anerkennung – und auch für die soziale Absicherung der Bäuerinnen. Aber es ist schwierig. In der Landwirtschaft gibt es nicht viel zu verdienen. Wie soll da noch ein zusätzlicher Zahltag ausbezahlt werden?»

(Alice Glauser, Bäuerin und SVP-Nationalrätin, in: Tages-Anzeiger, 10. Mai 2019)

Die Höhe eines Lohns hängt wesentlich mit der betriebswirtschaftlichen Rentabilität eines Unternehmens zusammen. Ein Landwirtschaftsbetrieb erzielt nun mal nicht den gleichen Gewinn wie eine Bank, ein Frisiersalon nicht den gleichen Gewinn wie ein Pharmakonzern, ein Restaurant nicht den gleichen Gewinn wie ein IT-Unternehmen. Heisst das nun, dass sich Bäuerinnen, Serviceangestellte, Köche, Friseusen und Verkäuferinnen auf Gedeih und Verderb mit Niedrigstlöhnen – im Fall der Bäuerinnen sogar mit Nulllöhnen – zufrieden geben müssen? Keineswegs. Es müsste ein Finanzinstrument ausgleichender Gerechtigkeit geschaffen werden, vergleichbar mit dem interkantonalen Finanzausgleich, mit dem finanzschwächere Kantone durch die finanzstärkeren durch entsprechende Beitragszahlungen unterstützt werden. Also eine Art Fonds, in den Betriebe mit hoher Rentabilität Beiträge einzahlen, die dann den Betrieben mit niedrigerer Rentabilität zugute kämen. Ein landesweiter Akt der Solidarität. Und ein Ende dieser unermesslichen Ungerechtigkeit, dass ausgerechnet jene, welche am härtesten arbeiten und das geringste gesellschaftliche Ansehen geniessen, zugleich auch jene sind, die am wenigsten verdienen.