Dies ist das 3. Kapitel aus meinem Buch PRO MEMORIA – EINE ANDERE GESCHICHTE DES KAPITALISMUS, das voraussichtlich anfangs 2025 erscheinen wird. Eine Geschichte der Schattenseiten des Kapitalismus und der Opfer eines Wirtschafts- und Gesellschaftssystems, das trotz allem immer noch von vielen als die einzige mögliche und alternativlose Art und Weise angesehen wird, wie das Zusammenleben der Menschen auf diesem Planeten organisiert werden kann.
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Wahrscheinlich könnte man sich ungefähr so die Hölle vorstellen wie die pechschwarzen, unerträglich heissen und stinkenden Bäuche jener Sklavenschiffe, mit denen während rund 300 Jahren der transatlantische Sklavenhandel betrieben wurde: Zu Hunderten wurden sie in die Laderäume gepfercht und so eng aneinandergereiht – pro Erwachsene standen meistens in der Breite je 40 Zentimeter zur Verfügung, pro Kind je 35 Zentimeter –, dass sie sich kaum zu bewegen vermochten; der Abstand zwischen den einzelnen Decks betrug zwischen 80 Zentimetern und 1,3 Metern, so dass aufrechtes Stehen unmöglich war. Zudem waren je zwei Männer – Frauen und Kinder blieben wenigstens von dieser Qual befreit – am Hals, an den Händen oder an den Füssen aneinandergekettet, um ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken, was bei den oft heftigen Bewegungen der Schiffe schmerzhaften Schürfungen zur Folge haben konnte. Auf vielen Schiffen lagen die Versklavten tagelang in ihren eigenen Fäkalien, im Blut ihrer Wunden und in Erbrochenem infolge von Übelkeit oder von Erkrankungen. Andere Schiffe boten den «Luxus» von Kotkübeln, aber um einen solchen aufzusuchen, musste zunächst der vielleicht noch schlafende Leidensgenosse, an den man gefesselt war, aufgeweckt und dann im Stockdunklen zu zweit, auf anderen herumtrampelnd, sich gegenseitig beschimpfend und verfluchend, der Weg zur besagten Stelle gesucht werden. Auf den meisten Schiffen wimmelte es vor Ratten, die Luft war so stickig und der Platz so eng, dass viele unter unerträglicher Platzangst litten und unter beständiger Angst, keine Luft mehr zu bekommen. Infolge der katastrophalen hygienischen Verhältnisse konnten sich tödliche Krankheiten wie Ruhr, Masern und Skorbut in Windeseile ausbreiten, das Stöhnen und die Schreie, die Krämpfe und die Zuckungen Kranker und Sterbender und jener, die von Ratten gebissen worden waren, quälten selbst jene, die noch gesund waren, bis aufs Blut, manch einer musste mit Schrecken feststellen, dass der an ihn Gekettete schon gar nicht mehr lebte, und auf einzelnen Schiffen wie der «Comte du Nord», bei deren Überfahrt im Jahre 1784 jeden Tag sechs bis sieben Versklavte starben, gehörte der allgegenwärtige Tod zum täglichen Wegbegleiter.
Begonnen hatte diese unermessliche, alle menschliche Vorstellungskraft sprengende Tragödie, als die indigenen Völker Amerikas infolge von grausamster Zwangsarbeit und von tödlichen Krankheiten, welche von den Europäern eingeschleppt worden waren, bereits dermassen dezimiert waren, dass dringend neue Arbeitskräfte benötigt wurden. Die schon Ende des 15. Jahrhunderts an der Küste Westafrikas gelandeten portugiesischen Seefahrer und ihre Auftraggeber stiegen noch so gerne in das neue, viel Reichtum versprechende Geschäft ein, ihnen folgten weitere europäische Nationen. Das eigentliche «Drecksgeschäft», das Jagen und Eintreiben der «Beute», das Niederbrennen ihrer Dörfer und den Transport der in Besitz genommenen aneinandergefesselten Männer, Frauen und Kinder bis zu den Sklavenschiffen an der Küste überliess man einheimischen Stammesführern und ihren Kriegern. Um die Gefangenen von einer Flucht abzuhalten, wurden sie auf dem Weg an die Küste oft an lange, schwere Baumstämme gebunden, so dass sie sich nur mühsam vorwärtsbewegen konnten. Eine besonders «einfallreiche» Gruppe von Sklaventreibern hatte eine Vorrichtung entwickelt, die am Mund der Gefangenen angebracht wurde, um es ihnen während des langen Marsches unmöglich zu machen, zu schreien und damit mögliche Hilfe zu mobilisieren. Schliesslich wurde die «Beute» an die europäischen Menschenhändler verkauft, meist für Salz, Stoff, Schiesspulver oder Gewehre. Dabei wurden ganze Familien und Freundschaften rücksichtslos auseinandergerissen und nicht selten kam es sogar vor, dass Kinder, die zu klein waren, um als Sklaven gebraucht werden zu können, oder Kranke und zu Schwächliche einfach getötet wurden, etwa durch Schläge auf den Kopf oder durch Erschiessen.
Waren die so ihrer Freiheit für immer Beraubten erst einmal auf dem Schiff, dann waren sie ihren neuen Herren und Peinigern endgültig gnadenlos ausgeliefert. Viele waren dermassen verzweifelt, dass sie lieber sterben als unter diesen menschenunwürdigen Bedingungen leben wollten. Aufgrund von Überlieferungen ihrer Vorfahren waren sie überzeugt, durch den Tod wieder in ihr früheres Leben und in ihre frühere Heimat zurückkehren zu können. Immer wieder kam es vor, dass sich Sklavinnen und Sklaven über Bord warfen, um meist augenblicklich von Haien in Stücke gerissen zu werden. Andere verweigerten die Aufnahme von Nahrung. Wer dies versuchte, wurde meistens so lange und so brutal ausgepeitscht, bis jeglicher Widerstand gebrochen war. Oft wurde auch zum «Speculum oris» gegriffen, einer langen, dünnen mechanischen Vorrichtung, mit welcher der Kiefer der Widerspenstigen geöffnet wurde, um Brei oder andere Nahrung einzuflössen.
Besonders schlimm war die Bestrafung all jener, welche sich Befehlen widersetzten oder andere zu aktivem Widerstand oder Meuterei aufzuwiegeln versuchten. Dabei wurden gegenüber Männern und Frauen, von denen sich nicht wenige als Anführerinnen von Aufständen hervortaten, die genau gleichen Strafmassnahmen angewendet. Hierfür verfügte jedes Schiff über ein Arsenal von Folterinstrumenten, von Hand- und Fussschellen, Hals- und Brenneisen, der «neunschwänzigen Katze», einem besonders berüchtigten Folterinstrument, bestehend aus neun Kordeln, an deren Ende sich jeweils drei Knoten befanden, in welche manchmal Draht eingeflochten war, um die Haut des Opfers aufzureissen, über verschiedene Arten von Ketten bis zu Daumenschrauben, mit denen die Daumen in eine schraubstockähnliche Vorrichtung gesteckt und langsam zerquetscht werden konnten, und Fleischgabeln, welche man bis zur Weissglut erhitzte, um Fleisch zu versengen. Rädelsführer von Aufständen wurden zur Bestrafung erbarmungslos gefoltert, ausgepeitscht oder über mehrere Tage und Nächte hinweg an Schiffsmasten angekettet, ohne Nahrung und nur mit dem äussersten Minimum an Wasser versorgt, schutzlos Stürmen und der Kälte ausgesetzt.
Besonders schlimm war es für Frauen und Mädchen. Sie waren auf den Sklavenschiffen hemmungsloser sexueller Gewalt ausgeliefert. «Wenn die Frauen und Mädchen an Bord eines Schiffes gebracht werden, nackt, zitternd vor Kälte, in Todesangst, sind sie häufig der lüsternen Rohheit weisser Wilder ausgesetzt», schrieb John Newton in einem 1788 veröffentlichten Pamphlet, «auf einigen Schiffen, vielleicht auf den meisten, war die Zügellosigkeit der Kapitäne und Offiziere in dieser Beziehung fast grenzenlos und die von ihnen verübten Exzesse jeglicher menschlicher Natur unwürdig.» Viele Männer sollen sich nur deshalb auf Sklavenschiffen verdingt haben, um ungehinderten Zugang zu den Körpern afrikanischer Frauen zu bekommen.
Doch auch die Matrosen waren, in der Machthierarchie weit unter den Kapitänen und Offizieren, häufig Opfer von bestialischer Gewalt. Auf geringfügigste Fehler, Widerrede oder Befehlsverweigerung folgten drakonische Strafen. James Field Stanfield, ein Gegner des Sklavenhandels, berichtete in einem 1776 veröffentlichten Pamphlet unter anderem von Matrosen, deren Essens- und Wasserrationen so drastisch gekürzt wurden, dass sie, um nicht zu verdursten, ihre eigenen Schweisstropfen auflecken mussten. Er verweist auch auf die häufig angewendete Praxis, nach erfolgter Auspeitschung von Matrosen Salzbrühe in die tiefen dunkelroten Striemen zu streuen, welche die neunschwänzige Katze hinterlassen hatte. Stanfield erzählt auch von Reparaturarbeiten, die an den Schiffen zeitweise vorgenommen werden mussten. Zu diesem Zweck ankerten die Schiffe an der afrikanischen Küste im Mündungsbereich von Flüssen. Die Matrosen mussten unter der sengenden Sonne im Wasser stehen, um Holz und Bambus zu fällen und zu schneiden, bis zur Hüfte im Schlamm eingetaucht, von giftigen Schlangen, Würmern, Moskitos und anderen Insekten geplagt. Ihre Füsse rutschten wegen der schweren Arbeit immer wieder weg, doch es wurde ihnen trotz der mühevollen Arbeit auch nicht ein Augenblick Pause gegönnt.
In Amerika angekommen, wurde die «Beute» – all jene, welche die Fahrt überlebt hatten – auf eigens hierfür eingerichteten Sklavenmärkten zum Kauf angeboten, buchstäblich «Stück» für «Stück». Das «Stück» war nämlich die den Kaufpreis bestimmende Masseinheit: Ein «Stück» war zwischen 30 und 35 Jahre alt, 180 Zentimeter gross und ohne körperlichen Defekt. Je nach Abweichung von dieser Norm war der Preis dann günstiger. Auf diesen Sklavenmärkten spielten sich unendlich viele herzzerreissende Szenen ab, denn hier wurden Eltern, Kinder, Familien, Verwandte, Freundinnen und Freunde, die nicht schon vor der Verschiffung in Afrika voneinander getrennt worden waren, für immer auseinandergerissen. So berichtete Thomas Trotter in der «Worcester Gazette» vom 4. April 1804 von einem Vorfall auf dem Sklavenmarkt von Charleston in South Carolina, der ihn ganz besonders aufgewühlt hatte: Drei miteinander eng befreundete Mädchen aus dem gleichen afrikanischen Dorf, welche die Mühsale der Überfahrt gemeinsam überstanden hatten und sich dadurch noch viel enger miteinander verbunden fühlten, sollten an drei verschiedene Händler verkauft werden. Mit all ihren Kräften klammerten sie sich aneinander, weinten, schrien, benetzten sich gegenseitig mit ihren Tränen und versuchten so, dem grauenhaften Schicksal zu entgehen. Schliesslich wurden sie auseinandergerissen. Bevor sie sich für immer aus den Augen verlieren sollten, entledigte sich eines der Mädchen seiner mit einem Amulett versehenen Perlenkette, küsste sie und legte sie einer ihrer Freundinnen um den Hals.
Auf den Kakao-, Kaffee-, Baumwoll-, Tabak- und Zuckerrohrfeldern und in den Gold-, Silber- und Diamantenbergwerken setzten sich die auf der Überfahrt erlittenen Qualen weiter fort. Am gefürchtetsten war die Arbeit auf den Zuckerrohrfeldern, wo tägliche Arbeitszeiten von bis zu 20 Stunden nicht selten waren, und dies bei unvorstellbar grosser körperlicher Belastung. Besser als denen, die auf Plantagen oder in Minen arbeiten mussten, erging es jenen, die als Köche, Gärtner oder Hausmädchen einer wohlhabenden Familie tätig waren, aber auch sie waren täglichen Demütigungen und einem Leben in totaler Unfreiheit und Abhängigkeit hilflos ausgeliefert. Vielen von ihnen hatte man mit Brenneisen Nummern verpasst, um keinen Zweifel daran zu lassen, wer für den Rest ihres Lebens ihr Besitzer sein würde. Sklavinnen und Sklaven, die ihrem Schicksal durch Flucht zu entgehen versuchten, wurden Bluthunde nachgejagt und sie wurden, nachdem man sie wieder eingefangen hatte, grausamsten Bestrafungen und Folterungen unterzogen, mit Nahrungsentzug bestraft, in schmerzvollsten Positionen gefesselt oder an Händen oder Füssen an Bäumen aufgehängt. Auf einigen der karibischen Zuckerinseln kam es vor, dass ungehorsame Sklavinnen und Sklaven zwischen den Walzen von Zuckermühlen zu Tode gepresst, gerädert oder bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Manchmal trieben Plantagenbesitzer zur reinen Belustigung mit ihren Sklavinnen und Sklaven die grausamsten Spiele. So etwa veranstalteten Baumwollfarmer Wettkämpfe, bei denen sie zwei Gruppen von Männern und Frauen gegeneinander antreten liessen. Von dem Team, welches während einer vorgegebenen Zeit am meisten Baumwolle pflückte, erhielten alle eine Tasse Zucker. Die anderen wurden zur Strafe ausgepeitscht.
Alles war kapitalistisches Kalkül. Wie viel Platz, auf den Zentimeter genau, pro Person auf den Schiffen maximal zur Verfügung stehen durfte. Wie viel man bei der Ernährung einsparen konnte, um ein gerade noch möglichst knappes Überleben der Versklavten sicherzustellen. Wie viele Verluste an Menschenleben während der Überfahrt in Kauf genommen werden konnten, um den finanziellen Erfolg des gesamten Unternehmens nicht in Frage zu stellen. Wo man möglichst billiges Holz für den Bau der Schiffe beschaffen konnte. Wie viel Lohn den Matrosen mindestens gezahlt werden musste, damit sie nicht zu meutern begannen. Wie viele Köche nötig waren, um bei Arbeitszeiten von zwanzig Stunden die Mahlzeiten für 300 oder 400 Menschen zuzubereiten. Kapitalistisches Kalkül war es auch, von dem der Kapitän der britischen «Zong» Ende November 1781 angetrieben war, als er, wegen drohender Wasserknappheit infolge eines Navigationsfehlers, beschloss, 132 geschwächte und erkrankte Sklavinnen und Sklaven über Bord zu werfen, um so die entsprechende Versicherungssumme kassieren zu können. Und kapitalistisches Kalkül spielte auch die Hauptrolle, wenn es darum ging, was mit all den ökonomisch nutzlos und überflüssig gewordenen Besatzungsmitgliedern geschehen sollte, die man nach dem Ende der Überfahrt nicht mehr brauchte und für die möglichst keine weiteren finanziellen Verpflichtungen anfallen sollten. Am schlimmsten traf es jene, die von einer tödlichen Krankheit befallen waren. «Es waren kranke, abgewrackte Seeleute, die von ihren Kapitänen von den Sklavenschiffen geworfen wurden», schreibt Marcus Rediger in seinem Buch «Das Sklavenschiff», «sie boten einen entsetzlichen Anblick. Sie hatten keine Arbeit, weil niemand sie aus Angst vor Ansteckung anheuern wollte. Sie hatten kein Essen und keine Unterkunft, weil sie kein Geld hatten. Sie streiften in Hafenvierteln herum und schliefen unter Balkonen und Frachtkränen. Einige von ihnen hatten blutendes Zahnfleisch, Blutergüsse und Flecken, die Anzeichen von Skorbut. Einige hatten brennende, eiternde Geschwüre, die von Guineawürmern verursacht wurden, die bis zu 1,2 Meter lang werden konnten und sich unter der Haut der Unterschenkel und Füsse einnisteten. Andere litten unter dem Zittern und den Schweissausbrüchen, die mit Malaria einhergingen. Viele waren dem Tod nahe. Sie schleppten sich, um Almosen bettelnd, durch die Strassen. Ein weitgereister Kapitän bezeichnete sie als die erbärmlichsten Geschöpfe, die er jemals gesehen hätte.»
Zwischen 12 und 15 Millionen afrikanische Männer, Frauen und Kinder wurden im Verlaufe von rund 300 Jahren nach Amerika deportiert, zwischen 1,5 und 1,8 Millionen starben während der Überfahrt, eineinhalb Millionen kamen bereits während des ersten Jahres brutaler Zwangsarbeit ums Leben.
Bis heute wirkt in Afrika das Trauma dieser millionenfachen Deportation nach. Die exorbitanten Gewinne aus dem Sklavengeschäft und aus der kolonialen Ausbeutung des amerikanischen Kontinents flossen indessen allesamt in die Tresore europäischer und nordamerikanischer Banken und Handelsgesellschaften und schufen damit die finanzielle Basis für die Industrialisierung und die weltweit immer weiter zunehmende Expansion des kapitalistischen Wirtschafts- und Machtsystems, bedingt durch die gleichsam gottgegebene, wundersame exponentielle «Selbstvermehrung» jeglichen einmal geschaffenen, wenn auch noch so kleinen Kapitals. Was nichts anderes heisst, als dass an jedem Franken, den wir im Supermarkt ausgeben, bis heute noch immer das Blut zu Tode gefolterter afrikanischer Sklavinnen und Sklaven klebt, jeder Euro, der in einer Unternehmensbilanz erscheint, noch heute, wenn er sprechen könnte, von bestialischen Vergewaltigungen auf niederländischen, spanischen und britischen Sklavenschiffen erzählen würde und jeder Dollar, mit dem auch heute noch jeden Tag irgendwo eine weitere tödliche Waffe gekauft wird, in uns eigentlich die Erinnerung an jene drei miteinander so innig befreundeten afrikanischen Mädchen wecken müsste, die im Jahre 1804 auf dem Sklavenmarkt von Charleston in South Carolina so brutal auseinandergerissen wurden.
Doch gegen Ende des 18. Jahrhunderts begannen immer mehr einflussreiche Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaften in den vom Sklavengeschäft profitierenden Ländern, am Sklavenhandel Kritik zu üben und dessen Abschaffung zu fordern. Je mehr über die Zustände auf den Sklavenschiffen und in der Zwangsarbeit auf den Plantagen und in den Bergwerken öffentlich bekannt wurde, umso mehr Unterstützung erhielten diese Stimmen. Schliesslich beschloss die britische Regierung am 24. Februar 1807, künftig auf den Handel mit afrikanischen Sklavinnen und Sklaven zu verzichten, doch es vergingen nochmals sieben Jahre, bis auf dem Wiener Kongress 1814/15 die endgültige Ächtung der Sklaverei erfolgte, dies gegen den erbitterten Widerstand von Brasilien, Spanien, Portugal und Frankreich.
Dies bedeutet freilich nicht, dass es heute weltweit keine sklavenähnlichen Arbeitsverhältnisse mehr gäbe. Schon vor der offiziellen Abschaffung der Sklaverei hatten amerikanische Plantagenbesitzer ihre ehemaligen Sklavinnen und Sklaven dazu verpflichtet, weiterhin für sie zu arbeiten, für einen Lohn, der gerade knapp zum Überleben reichte. Die ehemaligen Sklavinnen und Sklaven aus Afrika wurden nicht von einem Tag auf den anderen gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger ihrer Länder, sondern litten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, insbesondere in den USA, unter diskriminierenden Rassengesetzen, sozialer Apartheid und Ausgrenzung und sind bis zum heutigen Tag in vielerlei Hinsicht nach wie vor sozial und gesellschaftlich benachteiligt.
Noch heute müssen gemäss Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation ILO weltweit 28 Millionen Menschen Zwangsarbeit verrichten, auf Baustellen, in Steinbrüchen, auf Feldern, in Minen, in Textilfabriken, als Hausangestellte oder in der Prostitution. 160 Millionen Kinder zwischen 5 und 17 Jahren sind gezwungen, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, weil ihre Familien sonst nicht überleben könnten, viele von ihnen müssen unter gefährlichen Bedingungen arbeiten, sind giftigen Substanzen ausgesetzt oder müssen viel zu schwere Lasten tragen. Auch wenn die UNO mit der Menschenrechtskonvention von 1948 Sklaverei endgültig weltweit verboten hat, sind wir von einer tatsächlichen Überwindung sämtlicher weltweiter sklavenähnlicher, ausbeuterischer, erniedrigender und die Menschenwürde zutiefst verletzender Arbeitsverhältnisse noch um Lichtjahre entfernt. Diese werden erst dann definitiv ein Ende haben, wenn auch der Kapitalismus ein Ende hat.